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Verwundete Amazone vom Typus ‚Sciarra‘
Name: Verwundete Amazone vom Typus ‚Sciarra‘ Inventarnummer: 19 Beschreibung:
Stehende weibliche Figur, bekleidet mit einer Exomis, die mit einem Zügelteil an der Taille über einem Kolpos einfach gegürtet ist, wobei beide Brüste nicht von dem Gewand bedeckt werden. Das Gewand fällt von der rechten Schulter in einem weiten Bogen bis zur linken Hüfte herab. Neben der rechten Brust befindet sich eine blutende Wunde. Der rechte Arm ist erhoben und an den Kopf geführt, der linke Arm ruht locker auf einem profilierten Pfeiler. Der Kopf ist leicht nach unten geneigt, die Haare in einzelne Strähnen gefasst, die durch lange, durchgezogene Rillen unterteilt werden. Am Hinterkopf werden sie zu einem Knoten zusammengeführt. Die Figur steht ponderiert. Original AO: Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Inv. Sk7 Original FO:
Gefunden 1868 in Rom, Vicolo di S. Nicola di Tolentino, ehem. Gärten des Sallust, erworben 1869 durch W. Helbig. Original Schriftquellen:
Plin. Nat. 34,53: Anlass der Herstellung aus Bronze für das Artemision von Ephesos und die Namen der 5 beteiligten Künstler. Plin. Nat. 34,75: Erwähnung der Verwundung der Amazone des Kresilas. Luk. imag. 4: Motiv und Haltung der Amazone des Phidias. Original Datierung: Tiberisch. Deutung und historischer Kontext:
Plinius d. Ä. berichtet von einem Künstlerwettbewerb zwischen den berühmtesten Bildhauern ihrer Zeit (Polyklet, Phidias, Kresilas, Kydon, Phradmon), der in Ephesos in Kleinasien stattfand. Drei römische Marmorkopien der Bronzeoriginale haben sich erhalten (Typus Sciarra, Typus Mattei, Typus Sosikles), deren Zuschreibung zu den bekannteren der Meister, Polyklet, Phidias und Kresilas weiterhin ungeklärt bleiben. Ihre Aufstellung wird im Artemision von Ephesos angenommen. Zur Intention der Auftraggeber gibt es unterschiedliche Forschungsansätze. Zum einen wird in den Statuen eine Stiftung Athens oder des Attischen Seebundes gesehen, die als Mahnmal entweder in Folge des Kalliasfriedens (449/48 v. Chr.), wobei die Amazonen durch ihre stoische Haltung zum Tod stellvertretend für die besiegten Perser um Mitleid werben. Andererseits könnte das Statuen-Ensemble auch als Siegedenkmal des vom attischen Seebund abgefallenen Samos infolge des Krieges von 440/39 v. Chr. gestiftet worden sein. Der Anlass der Aufstellung könnte allerdings auch in der Fertigstellung und Einweihung des Artemisions um 430 v. Chr. selbst gesehen werden. Dem lokal tradierten Mythos der Stadt Ephesos nach, könnte es sich bei den Statuen auch um Amazonen handeln, die auf ihrer Flucht vor Dionysos und Herakles Asyl im Heiligtum erhielten. Die Amazonen seien grundsätzlich positiv konnotiert und als Schutzflehende gezeichnet, die als frühe exemplarische Nutzer des Asylrechts das hohe Alter des Heiligtums betonen. Als Stifter des Ensembles käme in diesem Fall sogar die Priesterschaft selbst infrage. Vergleich:
Der statuarische Aufbau gleicht in der bewegten Haltung, vor allem der Beinbewegung, der für Polyklet schriftlich überlieferten Bronzestatuen des Doryphoros, Diadumenos und der Athena Velletri. Vergleichbar profilierte Stützpfeiler finden sich bei angelehnten Aphroditen. Insgesamt sind ca. 8 weitere Kopien dieses Typus überliefert, hinzu kommt eine vollständig erhaltene Statue (mit Farbresten) in Écij, 1997 in der Therme gefunden. (Außerdem: 3 Umbildungen, 2 Reliefadaptionen und 3 verkleinerte Wiederholungen in Form von Statuetten). Literatur:
H. Beck – H. von Steuben, Polyklet. Der Bildhauer der griechischen Klassik, Ausstellungskatalog Frankfurt (Frankfurt am Main 1991). R. Bol, Amazones Volneratae. Untersuchungen zu den Ephesischen Amazonenstatuen (Mainz 1998). R. Fleischer, Die Amazonen und das Asyl des Artemisions von Ephesos, JdI 117, 2002, 185-216. J. Fornasier, Amazonen, Frauen, Kämpferinnen und Städtegründerinnen (Mainz 2007). M. Koçak, Aphrodite am Pfeiler. Studien zu aufgestützten/angelehnten weiblichen Figuren der griechischen Marmorplastik (Istanbul 2013) 38-40. T. Hölscher, Die Amazonen von Ephesos: ein Monument der Selbstbehauptung, in: Agathos Daimon. Mythes et Cultes, Festschrift L. Kahil, 38. Suppl. BCH (Athen 2000) 205-217. H. von Steuben, Der Kanon des Polyklet. Doryphoros und Amazone (Tübingen 1973). M. Weber, Neues zu den Amazonen von Ephesos, Thetis 15, 2008, 1-12. R. Wünsche, Amazonen – Städtegründerinnen und Heroinen, in: R. Wünsche (Hrsg.), Starke Frauen. Ausstellungskatalog München (München 2000) 140-144.
Stehende weibliche Figur, bekleidet mit einer Exomis, die mit einem Zügelteil an der Taille über einem Kolpos einfach gegürtet ist, wobei beide Brüste nicht von dem Gewand bedeckt werden. Das Gewand fällt von der rechten Schulter in einem weiten Bogen bis zur linken Hüfte herab. Neben der rechten Brust befindet sich eine blutende Wunde. Der rechte Arm ist erhoben und an den Kopf geführt, der linke Arm ruht locker auf einem profilierten Pfeiler. Der Kopf ist leicht nach unten geneigt, die Haare in einzelne Strähnen gefasst, die durch lange, durchgezogene Rillen unterteilt werden. Am Hinterkopf werden sie zu einem Knoten zusammengeführt. Die Figur steht ponderiert. Original AO: Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung Inv. Sk7 Original FO:
Gefunden 1868 in Rom, Vicolo di S. Nicola di Tolentino, ehem. Gärten des Sallust, erworben 1869 durch W. Helbig. Original Schriftquellen:
Plin. Nat. 34,53: Anlass der Herstellung aus Bronze für das Artemision von Ephesos und die Namen der 5 beteiligten Künstler. Plin. Nat. 34,75: Erwähnung der Verwundung der Amazone des Kresilas. Luk. imag. 4: Motiv und Haltung der Amazone des Phidias. Original Datierung: Tiberisch. Deutung und historischer Kontext:
Plinius d. Ä. berichtet von einem Künstlerwettbewerb zwischen den berühmtesten Bildhauern ihrer Zeit (Polyklet, Phidias, Kresilas, Kydon, Phradmon), der in Ephesos in Kleinasien stattfand. Drei römische Marmorkopien der Bronzeoriginale haben sich erhalten (Typus Sciarra, Typus Mattei, Typus Sosikles), deren Zuschreibung zu den bekannteren der Meister, Polyklet, Phidias und Kresilas weiterhin ungeklärt bleiben. Ihre Aufstellung wird im Artemision von Ephesos angenommen. Zur Intention der Auftraggeber gibt es unterschiedliche Forschungsansätze. Zum einen wird in den Statuen eine Stiftung Athens oder des Attischen Seebundes gesehen, die als Mahnmal entweder in Folge des Kalliasfriedens (449/48 v. Chr.), wobei die Amazonen durch ihre stoische Haltung zum Tod stellvertretend für die besiegten Perser um Mitleid werben. Andererseits könnte das Statuen-Ensemble auch als Siegedenkmal des vom attischen Seebund abgefallenen Samos infolge des Krieges von 440/39 v. Chr. gestiftet worden sein. Der Anlass der Aufstellung könnte allerdings auch in der Fertigstellung und Einweihung des Artemisions um 430 v. Chr. selbst gesehen werden. Dem lokal tradierten Mythos der Stadt Ephesos nach, könnte es sich bei den Statuen auch um Amazonen handeln, die auf ihrer Flucht vor Dionysos und Herakles Asyl im Heiligtum erhielten. Die Amazonen seien grundsätzlich positiv konnotiert und als Schutzflehende gezeichnet, die als frühe exemplarische Nutzer des Asylrechts das hohe Alter des Heiligtums betonen. Als Stifter des Ensembles käme in diesem Fall sogar die Priesterschaft selbst infrage. Vergleich:
Der statuarische Aufbau gleicht in der bewegten Haltung, vor allem der Beinbewegung, der für Polyklet schriftlich überlieferten Bronzestatuen des Doryphoros, Diadumenos und der Athena Velletri. Vergleichbar profilierte Stützpfeiler finden sich bei angelehnten Aphroditen. Insgesamt sind ca. 8 weitere Kopien dieses Typus überliefert, hinzu kommt eine vollständig erhaltene Statue (mit Farbresten) in Écij, 1997 in der Therme gefunden. (Außerdem: 3 Umbildungen, 2 Reliefadaptionen und 3 verkleinerte Wiederholungen in Form von Statuetten). Literatur:
H. Beck – H. von Steuben, Polyklet. Der Bildhauer der griechischen Klassik, Ausstellungskatalog Frankfurt (Frankfurt am Main 1991). R. Bol, Amazones Volneratae. Untersuchungen zu den Ephesischen Amazonenstatuen (Mainz 1998). R. Fleischer, Die Amazonen und das Asyl des Artemisions von Ephesos, JdI 117, 2002, 185-216. J. Fornasier, Amazonen, Frauen, Kämpferinnen und Städtegründerinnen (Mainz 2007). M. Koçak, Aphrodite am Pfeiler. Studien zu aufgestützten/angelehnten weiblichen Figuren der griechischen Marmorplastik (Istanbul 2013) 38-40. T. Hölscher, Die Amazonen von Ephesos: ein Monument der Selbstbehauptung, in: Agathos Daimon. Mythes et Cultes, Festschrift L. Kahil, 38. Suppl. BCH (Athen 2000) 205-217. H. von Steuben, Der Kanon des Polyklet. Doryphoros und Amazone (Tübingen 1973). M. Weber, Neues zu den Amazonen von Ephesos, Thetis 15, 2008, 1-12. R. Wünsche, Amazonen – Städtegründerinnen und Heroinen, in: R. Wünsche (Hrsg.), Starke Frauen. Ausstellungskatalog München (München 2000) 140-144.
Sammlung: Gipsabgusssammlung
Die auf eine über 100-jährige Geschichte zurückblickende Sammlung umfasst berühmte Werke der antiken Plastik, Gipsabgüsse antiker Skulpturen, Reliefs, Portraits und Kleinkunst aus einem Zeitraum, der sich von der Epoche der griechischen Archaik, über die Klassik und den Hellenismus bis in die römische Zeit erstreckt. Die Schwerpunkte der Sammlung liegen bei griechischer und hellenistischer Skulptur sowie römischen Portraits.
Kontakt:
Frau Jun.-Prof. Fanny Opdenhoff
Fakultät für Geisteswissenschaften
Edmund-Siemers-Allee 1- Westflügel
20146 Hamburg
Tel.: +49 40 42838-9037
E-Mail: fanny.opdenhoff@uni-hamburg.de